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Bedarfszahlen: Energie und Protein

Energie- und Nährstoffbedarf

Das Pferd benötigt Energie und Nährstoffe zur Aufrechterhaltung seiner Körperfunktionen – befindet sich der Körper in Ruhe, so spricht man vom sog. Erhaltungsbedarf oder Grundumsatz

Für alle weiteren Leistungen, die der Körper vollbringt, hat er einen zusätzlichen Nährstoffbedarf (siehe Grafik)


Energiegehalt von Futtermitteln

Der Energiegehalt von Futtermitteln kann vom Organismus nicht voll genutzt werden:

Bruttoenergie (GE) im Futtermittel (100 %)

– Energie im Kot

Verdauliche Energie (DE) (50-90 %)

– Energie im Harn und in Darmgasen

Umsetzbare Energie (ME) (40-70 %)

– Wärmeenergie (ca. 20%)

Nettoenergie (NE) des Futters (20-60 %)

Nur die Nettoenergie eines Futtermittels steht für die lebenswichtigen Funktionen im Erhaltungsstoffwechsel und für zusätzliche Leistungen zur Verfügung.

Die Energiebewertungsstufe für Pferdefuttermittel in Deutschland ist seit 2014 die der Umsetzbaren Energie (ME)


Empfehlungen zur Versorgung mit Energie

  • Unterschiedliche Rasseanforderungen und Körpergewichte erfordern eine Energieversorgung, die dieses berücksichtigt:
    • Kleine Pferde benötigen pro kg Körpermasse mehr Energie als große (relativ größere Oberfläche, z.B. Fohlen versus Großpferd).
    • Der Energiebedarf hängt von der Wärmeabgabe über die Körperoberfläche ab: diese steht nicht linear in Beziehung zur Körpermasse ! (z.B. gibt ein Fohlen mit 150 kg durch seine größere Oberfläche mehr Wärme ab als 150 kg Körpermasse eines Großpferdes.)
    • Deshalb bezieht man den Energiebedarf auf die metabolische Körpermasse (KM 0,75 = stoffwechselaktiver Teil der Körpermasse)
    • Der energetische Erhaltungsbedarf wird auf der Basis der Umsetzbaren Energie (ME = metabolizable energy) berechnet und beträgt in der sog. thermoneutralen Zone (-15-+25˚) bei:
    • einem erwachsenen Warmblutpferd: 0,52 MJ ME/kg metabolisches KG (kg KM 0,75)/Tag
    • einem erwachsenen Vollbluptferd: 0,64 MJ ME/kg metabolisches KG (kg KM 0,75)/Tag
    • einem erwachsenen Pony: 0,4 MJ ME/kg metabolisches KG (kg KM 0,75)/Tag
    • sonstigen Rassen: 0,4 – 0,5 MJ ME/kg metabolisches KG (kg KM 0,75)/Tag

KIENZLE et al. 2010

  • Zu- bzw. Abschläge werden in Abhängigkeit von Pferdetyp, Temperament, Alter und der Haltung etc. gemacht. Beispielsweise
    • erhalten Robustrassen Abschläge im Erhaltungsbedarf, da sie relativ mehr Unterhautfettgewebe haben (bessere Isolation)
    • erfolgen Zuschläge für nass-kalte Wetterbedingungen
    • haben Pferde, die viel laufen (Gruppenhaltung bei viel Fläche) einen höheren Bedarf als Pferde die sich wenig bewegen
    • haben hoch im Blut stehende Pferde (Vollblüter) einen höheren Grundumsatz als Pferde, die weniger Bewegungsdrang haben (Kaltblüter)
  • Zudem ist hinsichtlich der Energieversorgung die Beobachtung des Einzelpferdes äußerst wichtig! Pferde mit einem hohen BCS (Tendenz Übergewicht) erhalten Abschläge und umgekehrt.

Pferde haben sehr unterschiedliche energetische Bedürfnisse.
Es bestehen:

  • große Rasseunterschiede (Temperament, Größe, Körperisolation, Bewegungsdrang)
  • große Unterschiede durch verschiedenste Haltungsbedingungen
  • große Trainingsunterschiede
  • gravierende, tierindividuelle Unterschiede

BCS Body Condition Score

BCS: ist ein System zur Beurteilung des sicht- u. fühlbaren Ernährungszustandes eines Pferdes mit Hilfe einer Notenskala. Beurteilt werden insbesondere:

  • der Hals
  • der Rücken und der Brustkorb
  • das Becken
BeurteilungBeurteilungskriterien am
NoteverbalHalsRücken und BrustkorbBecken
1sehr magersehr dünn, gratigDornfortsätze und Rippendeutlich hervortretendBeckenknochen stark herausragend, tiefe Gruben seitlich des Schweifes
2magerdünnDornfortsätze konturiert, Rippen gut erkennbarBeckenknochen noch sichtbar, Gewebe am Schweifansatz eingefallen
3schlankschlankDornfortsätze verstrichen, Rippen schwach sichtbarKruppe abgerundet, geringe Gruben seitlich des Schweifansatzes
4normalkeine Kammbildung (außer Hengste)Rippen leicht tastbarrunde Kruppe, Hüfthöcker leicht tastbar
5fettleichter Kamm, breit und festnur unter Druck tastbar, beginnende Rinnenbildung auf dem RückenHüfthöcker nur unter Druck tastbar
6sehr fettausgeprägter Kamm, breit und fest, FettfaltenRippen nicht mehr tastbar, breiter Rücken mit tiefer Rinne in MittellinieHüfthöcker nicht mehr tastbar, Spalte in der Kruppe

nach Carrol u. Huntington 1988

Es gibt auch weitere BCS Systeme, die mit größeren Skalen (1-10) arbeiten. Bevor man Einschätzungen vergleicht, sollte man sich versichern, welche Systematik verwendet wurde.


Empfehlungen zur Versorgung mit Protein

  • Proteine sind Baustoffe, die für die Bildung von Körpersubstanz benötigt werden. Sie sind aus 100 bis mehreren 1000 Aminosäuren in einer bestimmten Sequenz zusammengesetzt
  • Der tägliche Erhaltungsbedarf an Protein beträgt:
    3g dvRp/ kg KG 0,75 oder 6 g dvRp/MJ ME (Toleranz bis 12:1)
  • Besonders viel Protein wird für das fötale Wachstum, die Milchleistung, die Fohlenentwicklung, den Muskelaufbau und bei Höchstleistungen benötigt
  • Das gesunde Pferd hat eine Toleranz bis zum 3-fachen des Bedarfs!
  • Der Organismus bildet einen Teil der Aminosäuren selbst, andere müssen über das Futter zugeführt werden. Diese nennt man essentielle Aminosäuren: Lysin, Methionin, Tryptophan u.a.

Die alte Lehrbuchmeinung, dass zu viel Eiweiß ein Hufreherisiko bedeutet, ist mittlerweile völlig revidiert. Hufrehe entsteht durch Toxine in der Blutbahn und diese können bei ernährungsbedingten Rehen insbesondere durch ein Zuviel an Kohlenhydraten, die in den Dickdarm geraten, ausgelöst werden.In der heutigen Fütterungspraxis sind Defizite in der hochwertigen Proteinversorgung (Bedarf an essentiellen Aminosäuren) häufiger als allgemein angenommen!

→ die Angst vor zu viel Eiweiß ist oft unbegründet!


Proteinqualität

Wichtige essentielle AS: Lysin, Methionin, Cystin, Threonin, Leucin, Isoleucin, Arginin, Histidin, Tryptophan, Valin etc..

Fehlt eine der essentiellen Aminosäuren, ist der Aufbau körpereigenen Eiweißes insgesamt unzureichend. Da wissenschaftliche Studien für das Pferd fehlen, werden derzeit Lysin, Methionin, Cystin und Threonin als essentiell angesehen.


Empfehlungen zur Versorgung mit umsetzbarer Energie (ME) und dünndarmverdaulichen Rohprotein (dvRP)/Tag

 400 kg KG600 kg KG
ME (MJ)dvRP (g)ME (MJ)dvRP (g)
Erhaltung47 (57)27063 (78)*365
ArbeitLeicht56-65323-37775-90370-517
Arbeitmittel66-79456-51391-121518-700
Arbeitschwer80-108514-621121-152701-877

*Werte für Warmblut (Vollblut)

GFE, 2014; MEYER & COENEN, 2014

Zuschläge in der Energieversorgung müssen erfolgen für:

Offenstall, Gruppenauslauf auf kleinen Flächen
+ ca. 10 %

Weidehaltung in der Herde auf großen Flächen
+ bis zu 50 %

Kälte/Hitze
+ ca. 10 %

Extreme Witterung, mangelnde Adaptation
+ bis zu 20 %

GFE, 2014


Tagesbedarf eines 600 kg schweren Reitpferdes

Tagesbedarf eines Pferdes (600 kg KG) an umsetzbarer Energie (ME/MJ) und dünndarm-verdaulichem Rohprotein (g) pro Tag bei unterschiedlicher Arbeitsbelastung

 ErhaltungLeichte ArbeitMittlere ArbeitSchwere Arbeit
 Auslauf, gemächliches unregelmäßiges Reiten (ohne längere Tempi-verstärkungen)Ca. 1 Stunde ruhiges Training/TagCa. 1-2 Stunden Training/Tag mit intensiveren PhasenTäglich mehrstündig, mit intensiver Beanspruchung
MJ Umsetzbare Energie63 -7790107120-150
g dv
Rohprotein
444517618700-880

mod. nach MEYER, COENEN; 2014

Wichtig: das Fütterungsniveau eines Pferdes muss der tatsächlichen Beanspruchung angepasst werden! Beispiel: Ein Sportpferd, das auf mittlerem Niveau gearbeitet und gefüttert wird, muss in der Nährstoff-Versorgung reduziert werden, wenn es deutlich weniger tut! Viele Freizeitpferde werden auf zu hohem Niveau versorgt, weil ihr Bedarf überschätzt wird!


Risiken einer Über-/Unterversorgung mit Energie

Energie-Überversorgung:

+ Verfettung (Adipositas)
+ Entstehung einer Insulinresistenz
+ Entwicklung von Stoffwechselerkrankungen, wie EMS (Equ.metab.Syndrom), ECS (Equ. Cushing Syndrom)

Energie-Unterversorgung:

– Leistungseinbußen
– Gewichtsabnahme: es wird Körpersubstanz mobilisiert (aus Fettdepots)
– Sind die Fettdepots aufgebraucht, wird proteinhaltiges Gewebe energetisch genutzt. Das ist zusätzlich energiezehrend und bedeutet weiteren Substanzabbau.


Risiken einer Über-/Unterversorgung mit Protein

Protein-Überversorgung:

+ Toleranz bis zum 3-fachen des Bedarfs bei gesunden Pferden
+ Leistungsdepressionen
+ Protein wird energetisch genutzt: das ist belastend für den Stoffwechsel, da die Abbauprodukte entgiftet (Leber) und ausgeschieden werden müssen (Niere)
+ Erhöhte Wassereinlagerungen und gesteigerte Harnstoffwerte im Serum

Protein-Unterversorgung:

– Fressunlust
– Gewichtsabnahme
– Hauterkrankungen
– Schwächung des Immunsystems